Prof Zulley200Prof. Dr. Jürgen Zulleyvon Prof. Dr. Jürgen Zulley

Wir werden uns hier ausführlich der rückengerechten Körperlagerung im Liegen, im Bett, beim Schlaf, widmen. Zum besseren Verständnis betrachten wir die vielen Seiten des Schlafes und Grundsätzliches zu seinen physiologischen, psychologischen sowie psychosomatischen Aspekten.

Die Schlafphasen

Der Schlaf verläuft in vier Phasen mit Intervallen von etwa 90 bis 100 Minuten. Er gleicht einer Berg- und Talfahrt: vom leichten Schlaf bis zum Tiefschlaf, hinauf zum Traumschlaf und wieder herunter.

Die Schlafphasen verlieren gegen Morgen an Tiefe und kündigen das nahende Aufwachen schon an. Der Verlauf der Schlafphasen ist ein Zeichen für die Qualität des Schlafes. Sie unterliegen vielen inneren und äußeren Einflüssen und können leicht beeinträchtigt werden. Störungen können unter anderem durch Stress, psychische Belastungen, Krankheiten, Schlafmittel, Alkoholgenuss, aber auch durch ein ungünstiges Raumklima und durch ein schlechtes und/oder altes, verbrauchtes Bett ausgelöst werden. Viele Hersteller brüsten sich mit Attributen wie „Bandscheiben Matratze“, „orthopädisch“ etc., was vielfach leider nicht den Tatsachen entspricht.

In den meistern Haushalten sind die Matratzen zu alt

Hinzu kommt, dass ein Großteil der Betten in deutschen Haushalten über 18 Jahre alt und somit hygienisch und mechanisch völlig verbraucht, also absolut untauglich ist. Die Nutzungsdauer von Unterlagen über einen Zeitraum von mehr als 8 Jahren (bis allerhöchstens 10 Jahren) ist keinesfalls angebracht.

So beeinflussen sich Schlafstörungen und Rückenbeschwerden

Schlafstörungen gehören neben den Rückenerkrankungen und Rückenbeschwerden zu den häufigsten Krankheitsbildern. Dieser Aspekt ist auch für das Thema Rückenschmerzen von Bedeutung, da der Schlaf Grundlage für Wohlbefinden ist. Der Schlaf sollte Erholungs- und Regenerationsphase für Körper, Geist und Seele sein! Ist er es nicht, so liegt ein Krankheitsbild vor.

Es gilt: Wer schlecht schläft, kann schnell Rückenprobleme bekommen und wer Rückenprobleme hat, schläft in der Regel schlecht.

Nur wenige gehen zum Arzt

Schlafstörungen sind häufiger als angenommen und nur eine Minderheit der Betroffenen sucht den Arzt auf. In einer großangelegten repräsentativen Studie der deutschen Allgemeinbevölkerung konnte in 6 Prozent der Gesamtstichproben eine behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörung festgestellt werden.

75 Schlafphasen200SchlafphasenNur ein Drittel dieser Personen hatte einen Arzt aufgesucht. Das Problem steigt tendenziell an und findet generell noch viel zu wenig Bedeutung. Betroffene unterschätzen vielfach die damit einhergehenden persönlichen Gesundheitsrisiken.

Schlafstörungen haben auch Einfluss auf den Alltag und können zu Folgeerkrankungen führen

Schlafstörungen bedeuten nicht nur Beeinträchtigungen in der Nacht. Eine Schlafstörung ist immer auch eine Wachstörung. Als direkte Konsequenz muss eine erhöhte Tagesmüdigkeit gesehen werden, die selbst auch eine Schlafstörung darstellen kann. Dies bedeutet dann auch eine Beeinträchtigung der Befindlichkeit und der Leistungsfähigkeit am Tage.

Darüber hinaus können chronische Schlafstörungen zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen. Zu nennen sind hier beispielsweise Bluthochdruck, Magen-Darm-Erkrankungen, aber auch psychiatrische Erkrankungen, wie Depression. Schlafstörungen sind kein einheitliches Krankheitsbild. So werden in der Schlafmedizin weit über 80 verschiedene Formen gegeneinander abgegrenzt.

Die Störungen des Schlafs lassen sich grob in vier Gruppen einteilen

  • Bei Ein- und Durchschlafstörungen liegen oftmals psychische Gründe vor, aber auch ein falscher Umgang mit dem Schlaf kann die Ursache sein. Psychische Erkrankungen, besonders Depressionen, stören den Schlaf oft erheblich. Selbstverständlich muss auch immer ausgeschlossen werden, dass eine bisher nicht erkannte körperliche Ursache zur Schlafstörung führt. Viele Betroffene kommen mit dem Symptom der Tagesmüdigkeit zum Hausarzt, obwohl sie ausreichend und für ihr Gefühl auch gut schlafen. Manchmal kommt es sogar vor, dass diese Patienten während der Arbeit oder sogar im Straßenverkehr ungewollt einnicken. Meist findet sich eine körperliche Ursache, die dazu führt, dass der Schlaf wiederholt kurz unterbrochen wird. Diese kurzen Unterbrechungen werden vom Schläfer nicht wahrgenommen, sie sorgen aber dafür, dass der Schlaf nicht erholsam ist. Hauptursache hierfür sind meist die sogenannten Schlaf-Apnoen. Darunter versteht man wiederholte, kurze Atemaussetzer während des Schlafes, die meist mit Schnarchen verbunden sind. Nicht selten sind aber auch unwillkürliche Beinbewegungen im Schlaf die Ursache für die Müdigkeit am Tage (Restless-Legs-Syndrom). Schließlich kann ebenso die Schlaf-Wach-Regulierung im Gehirn selbst gestört sein, wie dies bei der Narkolepsie („Schlummersucht“) der Fall ist.
  • Auch unphysiologische Schlaflagerung durch ein falsches Bett und/oder raumklimatisch ungünstige Faktoren (zu warm, zu kalt) können zu einem gestörten Schlaf beitragen. Tagesmüdigkeit am Arbeitsplatz, insbesondere bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten, kann vermindert werden, wenn längeres Sitzen durch Stehen und Gehen unterbrochen wird; man spricht hier von der Sitz-Steh-Dynamik, die von Arbeitsmedizinern generell empfohlen wird. Dasselbe gilt auch für zu langes Sitzen im Auto. Ausreichende Bewegungspausen sind erforderlich, um ein Einschlafen am Steuer zu vermeiden.
  • Wenn der Schlaf an sich zwar in Ordnung ist, aber zur falschen Zeit auftritt, spricht man von einer Schlaf-Wach-Rhythmusstörung. So bringen zum Beispiel Langstreckenflüge den normalen Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander (Jetlag). Auch bei Schichtarbeit kommt es zu Verschiebungen der Schlafphase, die oft eine Behandlung notwendig machen. Dies trifft auch auf weitere Störungen der sogenannten inneren Uhr zu. So kann es bei Morgen- oder Abendtypen zu deutlicher morgendlicher oder abendlicher Müdigkeit kommen.
  • Als Parasomnien werden alle Erkrankungen zusammengefasst, bei denen während des Schlafes oder beim Übergang vom Schlafen zum Wachsein eine Störung auftritt. Am bekanntesten ist das Schlafwandeln, das seine Ursache in einem unvollständigen Erwachen hat. Schlafwandler erleben ihr Tun nicht bewusst, Unfallrisiken sind somit zusätzlich gegeben. Andere typische Begleitstörungen des Schlafes sind nächtliches Aufschrecken, Zähneknirschen oder Alpträume.

Verschiedene Lösungsansätze anwenden

Therapeutisch ist zunächst einmal der Betroffene selber gefordert. Erstaunlicherweise bringen bereits Informationen über gesunden und gestörten Schlaf bemerkenswerte Fortschritte. Geeignet hierzu ist eine entsprechende Lektüre (zum Beispiel „Mein Buch vom guten Schlaf“ von Prof. Zulley).

Spezielle Maßnahmen der Schlafhygiene und bestimmte Regeln zur Schlaf-Wach-Strukturierung können auch wieder zu einem ruhigeren Nachtschlaf verhelfen. Wichtig sind entspannende Verfahren, wie zum Beispiel Autogenes Training.

Nur wenn diese Maßnahmen nicht greifen, können befristete medikamentöse Behandlungen eingesetzt werden. Der Betroffene kann sich entweder über seinen Hausarzt oder direkt an ein Schlafmedizinisches Zentrum wenden. Schlafstörungen müssen von den Betroffenen unbedingt ernst genommen werden!

76 Schlaf200Die Auswahl des Bettes hat Auswirkungen auf den Schlaf

Die Technikexperten sagen viel darüber, wie nun das „richtige“ Bett auszusehen hat, aber ganz einig sind sie sich nicht. Die wissenschaftliche Schlafforschung dagegen hat dieses Thema bisher fast völlig vernachlässigt. Sie kann lediglich indirekt aus den Ergebnissen schließen, worauf und wie es sich gut schläft. Erste wissenschaftliche Studien in Schlaflaboren sind zu diesem Thema aber jetzt durchgeführt worden und zeigen eine deutliche Beeinflussung der Schlafqualität durch Bettwaren (Prof. Zulley).

Dies belegt auch eine im Jahr 2013 von Prof. Dr. Jürgen Zulley, Prof. Dr. med. Erich Schmitt und der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. unterstützte Befragung von über 50.000 Bürgern. Diese belegt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem gesunden Schlaf und einem rückengerechten Bettsystem.

Über die Hälfte der Befragten waren mit der Qualität ihres Schlafes wenig zufrieden, 21 Prozent sogar überhaupt nicht. 58 Prozent der Teilnehmer leiden regelmäßig oder häufig morgens nach dem Aufstehen an Rückenschmerzen. Bezeichnend: Bei 89 Prozent der Befragten liegt die Matratze auf einem Holzlattenrost.

 

Quelle: Prof. Dr. Jürgen Zulley, Regensburg. Er ist seit über 40 Jahren auf den Gebieten der Schlafforschung und Chronobiologie tätig. Außerdem arbeitete er an verschiedenen Max-Planck-Instituten und war bis 2010 Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Universität Regensburg. Langjähriges Vorstandsmitglied nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften und Gründer der ersten „Schlafschule“. Er war Präsident der Deutschen Akademie für Gesundheit und Schlaf (DAGS). Internet: www.zulley.de