So hilft ein Schmerzschrittmacher!

Niemand leidet gerne unter Schmerzen. Dabei haben sie auch eine wichtige Alarmfunktion. Wenn der Rücken wieder einmal schmerzt, können wir schnell reagieren und etwas dagegen unternehmen. Doch was, wenn dieses ansonsten so ausgeklügelte System der Schmerzsteuerung entgleist? Dann leiden Betroffene rund um die Uhr. Für diese Patienten ist ein Schmerzschrittmacher oft die letzte Hoffnung. In diesem Artikel informiert Sie AGR-Experte Dr. Reinhard Schneiderhan über diese moderne Form der Behandlung.

Noch längst hat die Medizin nicht alle Geheimnisse unsere Körpers entschlüsselt. Viele körpereigene Prozesse sind uns nach wie vor rätselhaft. Nur ein paar wenige Bereiche kennen wir mittlerweile ganz gut. So wissen wir beispielsweise, dass unser ganzer Körper über unzählige Schmerzfühler verfügt. Wenn es also im Rücken oder an einer anderen Stelle zwackt, dann schicken diese Fühler blitzschnell elektrische Impulse zuerst zum Rückenmark. Über Nervenzellen gelangen diese dann zum Gehirn. Ein ziemlich cleveres Alarmsystem! Oftmals reichen dann schon einfache Maßnahmen aus, um alles wieder zu beruhigen. Aber nicht immer. Doch auch dann gibt es Hoffnung. „Wenn Medikamente, Infiltrationen, Physio-, Psycho- und Ergotherapie nicht die gewünschte Wirkung zeigen, ist es ratsam, über einen Schmerzschrittmacher nachzudenken“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Diese Hightech-Geräte lassen sich am ehesten mit einem Störsender vergleichen. Denn sie verhindern die Weiterleitung der Schmerzsignale an das Gehirn und sind so in der Lage, die Schmerzempfindung zu reduzieren.“

Warum dieses Verfahren so gut funktioniert, zeigt ein Blick ins Körperinnere: Heftige und wiederholte Schmerzen verstärken die Schmerzreaktion auf allen Ebenen. Sie verändern die Produktion chemischer Botenstoffe und aktivieren Bahnen von bislang nicht in Betrieb genommenen Nervenzellen. „Dadurch entsteht das gefürchtete Schmerzgedächtnis“, erklärt der Rückenexperte. „Die Nervenzellen reagieren hypersensibel und quälen die Menschen, obwohl die ursprüngliche Ursache längst behoben ist. Die gereizten Nerven beruhigen sich einfach nicht mehr und feuern immer weiter. Mit einem Schmerzschrittmacher können wir diesen Prozess wirksam unterbinden.“

Vor der Installation des Hightech-Geräts muss sich jeder Patient einer gründlichen körperlichen und bildgebenden Untersuchung unterziehen. Das ist nötig, um eine direkt behandelbare Ursache auszuschließen. Das kann beispielsweise ein Bandscheibenvorfall mit Nervenkompression sein. Hinzu kommen Schmerzfragebögen und ausführliche Gespräche, um den Schmerz möglichst genau bewerten zu können. „Wichtig ist zudem die Einschätzung eines Psychologen oder Psychotherapeuten“, so der erfahrene Orthopäde. „Wir müssen sicherstellen, dass der Schmerz nicht psychosomatisch bedingt ist.“

Genaue Leitlinien der entsprechenden medizinischen Gesellschaften geben dann genau vor, wann ein Schmerzschrittmacher angebracht ist. Dann folgen mehrere Maßnahmen: Der erste Schritt ist das Platzieren der Elektroden. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Geräte auf dem Markt. Die einen sind mehr bei Rückenschmerzen geeignet, andere helfen bei Problemen mit den Beinen. Außerdem gibt es wiederaufladbare Geräte oder auch batteriebetriebene Modelle, die alle 18 bis 24 Monate ausgewechselt werden müssen. „Doch egal, welches Gerät zum Einsatz kommt, es ist immer ratsam zwei Elektroden einzusetzen“, sagt Dr. Schneiderhan. „So lässt sich eine längere Strecke an der Schmerzleitung des Rückenmarks abdecken, deren unheilvolles Signal man dann stören kann.“

Nach Einsetzen der Elektroden muss das System zwei bis drei Wochen lang unter verschiedenen Umständen ausgetestet werden. Erst wenn die Schmerzreduktion bei über 50 Prozent liegt, wird auch der Schrittmacher eingesetzt. Meist in der Nähe der Wirbelsäule im oberen Bereich des Gesäßes. „50 Prozent Schmerzlinderung klingt auf den ersten Blick vielleicht nicht nach besonders viel“, sagt Dr. Schneiderhan. „Doch für die Betroffenen ist es ein großer Schritt bezüglich ihrer Lebensqualität. Viele benötigen dann keine zusätzlichen Medikamente mehr.“

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Eingriff. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt der Schmerzschrittmacher dann dauerhaft im Körper. In jedem Fall kann er jedoch von außen mit Hilfe spezieller Geräte umprogrammiert werden. So ist es möglich, sie an verändernde Schmerzmuster und –areale anzupassen.

Weitere Infos unter www.orthopaede.com