Die erste gute Nachricht: In den allermeisten Fällen lassen sich Rückenschmerzen vermeiden. Die zweite gute Nachricht: Das ist keine Herkulesaufgabe. „Es ist nur wichtig ein paar Dinge zu beachten und regelmäßig umzusetzen“, sagt der Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums MVZ in München-Taufkirchen.
Die Strategie für 2020
Vor ungefähr 3,6 Millionen Jahren kam der Mensch auf die Idee, sich aufrecht fortzubewegen. Mit dieser Entwicklung erhielt der menschliche Körper einen neuen Star: die Wirbelsäule. Um sie dreht sich seitdem alles. Sie ist das zentrale Element unseres Körpers mit einem entscheidenden Nachteil: Unser Rücken mit seinen Wirbeln, Muskeln, Bändern und Nerven reagiert sensibel auf alles, was wir so tun, denken und fühlen. Nur etwa 20 Prozent aller Menschen in Deutschland sind frei von Rückenschmerzen. Sie selbst toben völlig beschwerdefrei durch die Welt.
Doch was ist ihr Geheimnis? „Sie verfügen über ein ausgesprochen gutes Muskelkorsett“, sagt Dr. Schneiderhan. „Die vielen anderen, die immer mal wieder über dumpfe oder stechende Schmerzen klagen, haben nur verlernt, vernünftig mit
ihrem Rücken umzugehen. Doch was man verlernt hat, kann man auch wieder erlernen.“
Die Bedeutung der Tiefenmuskulatur
Eine kräftige Muskulatur gilt schon länger als beste Medizin, um Probleme mit dem Rücken zu beheben. Folgerichtig ist regelmäßige sportliche Bewegung die wichtigste Säule für einen schmerzfreien Rücken. Ideal ist ein Krafttraining. Schon zwei oder dreimal die Woche 20 bis 30 Minuten können dafür ausreichen. „Ebenso wichtig sind aber auch Übungen im freien Raum, bei denen man das Gleichgewicht versuchen muss zu halten“, sagt der Rückenfachmann. „Denn nur diese Übungen trainieren die Tiefenmuskulatur.
Diese kleinen Muskeln direkt an der Wirbelsäule balancieren unseren Körper ständig aus und reagieren nicht auf herkömmliches Krafttraining. Wohl aber auf Übungen, bei denen es nötig ist, das Gleichgewicht zu halten. Dabei können auch Hilfsmittel zum Einsatz kommen, etwa Therabänder, Theraball, Balanceboards und andere Hilfsmittel.
Weiteres Augenmerk sollte man beim Training auf die Selbstmobilisation legen. „Dabei handelt es sich um mehrfach wiederholte Dehnübungen mit geringer Geschwindigkeit, die zu einer besseren Beweglichkeit von Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie des Gelenks zwischen Kreuzbein und Beckenschaufel führen.
Das 6-Wochen-Gesetz
Wer mit einem regelmäßigen Fitnessprogramm starten möchte, sollte zunächst unter versierter Anleitung trainieren. Sonst können sich Bewegungsfehler einschleichen, die mehr schaden als nutzen. Von entscheidender Bedeutung ist es dann die ersten sechs Wochen durchzuhalten. „Aus psychologischen Studien weiß man, dass der Körper diese Zeit benötigt, um sich an die regelmäßige sportliche Bewegung zu gewöhnen“,sagt Dr. Schneiderhan. „90 Prozent aller Menschen, die die ersten sechs Wochen überstehen, bleiben dann auch weiterhin am Ball.“ Die Belohnung: Alles fällt leichter, man fühlt sich insgesamt besser und der Rücken meldet sich immer seltener oder gar nicht mehr zu Wort.
Die Rolle der Ernährung
Endlich ein paar überflüssige Pfunde verlieren, steht bei den Neujahrsvorsätzen ebenfalls oft ganz weit oben auf der Liste. Eine gute Idee, denn wer etwas leichter durch die Welt geht und auf die Ernährung achtet, tut sich und seinem Rücken ebenfalls viel Gutes. „Was beim Abnehmen hilft und worüber sich gleichzeitig der Rücken freut, ist ausreichend Flüssigkeit“, sagt der Wirbelsäulenfachmann. „Zum einen kann ein Glas Wasser vor einer Mahlzeit den Appetit dämmen. Zum anderen ist die Flüssigkeit nötig,
um die Zellen der gesamten Wirbelsäule ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. Nur so bleiben die Bandscheiben prall, elastisch und sind ideal vor Belastungen geschützt.“
Diese Vitamine liebt der Rücken
Wer dann auch noch Übergewicht abbaut und sich ausreichend mit Vitaminen, Mineralien, Nährstoffen und Spurenelementen versorgt, muss sich um seinen Rücken immer weniger Sorgen machen. Zu den wichtigen Nährstoffen gehören die B-Vitamine, die Vitamine C und D sowie Kalzium. Die Muskeln stärkenden B-Vitamine stecken in Vollkornprodukten, Leber, Niere, Eigelb und Hülsenfrüchten. Vitamin C ist besonders reichhaltig in Zitrusfrüchten, Paprika, Kohl und Kartoffeln enthalten. Vitamin E steckt zuhauf in kalt gepressten Pflanzenölen, Avocados, Beeren, Spargel, Wirsing, Grünkohl und Nüsse. Kalzium vor allem in Milchprodukten.
Wellness für die Seele
Die dritte Säule auf der die Rückenmuskulatur ruht, heißt Entspannung. Bei etwa einem Drittel aller Menschen entwickeln sich Rückenschmerzen zum Dauerbrenner - nicht, weil die Bandscheibe aus den Fugen geraten ist - es ist vor allem die Psyche, die den Leidenden da ins Kreuz fällt. Stress ist hierbei der schmerzauslösende Faktor. Denn jede Form von psychischer Überlastung, sei es im Job, in der Familie oder in der Liebe, lässt die Muskeln verspannen.
Dr. Schneiderhan weiß: „Stress und Erschöpfung führen schnell zu einem Teufelskreis aus Schlaflosigkeit, Fehl- und Schonhaltungen, was dann Muskelschmerzen verursacht. Doch jeder kann diesen Kreislauf durchbrechen.“
Leicht zu erlernende Entspannungstechniken wie die Muskelentspannung nach Jacobsen oder Autogenes Training können da wertvolle Hilfe leisten. Sehr gut sind auch die Feldenkrais-Methode und unter gewissen Voraussetzungen Yoga. „Wichtig ist es die Methode zu finden, die einem hilft und nicht die, die gerade angesagt ist“, sagt der Experte. Und wenn es doch mal zu Rückenschmerzen. „Dann können wir in den allermeisten Fällen auch ohne große OP helfen“, sagt Dr. Schneiderhan.
Weitere Informationen gibt es außerdem unter www.orthopaede.com