Das unterschätzte Rückenleiden
Wenn es um die Ursache von Rückenschmerzen geht, dann sucht man die Schuld gerne bei den Bandscheiben oder verspannten Muskeln. Doch in vielen Fällen sind die kleinen Zwischenwirbelgelenken beteiligt. Sie können abnutzen und dann heftige Schmerzen verursachen. Unser Rückenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan erklärt, wie man das Leiden diagnostiziert und am besten therapiert.
Rückenschmerzen haben viele Gesichter. Aber wenn die Facettengelenke betroffen sind, gibt es ein paar typische Symptome: Sie strahlen kreisförmig um die betroffenen Bereiche aus und sind sehr druckempfindlich. Sie können beim Umdrehen im Bett genauso auftreten, wie bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen. Auch ein Wetterwechsel in Richtung Kälte und Nässe kann die Beschwerden verursachen. „Beim Facettensyndroms handelt es sich um arthrotische Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken rechts und links der Wirbelsäule“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Die Ursachen sind meist einseitige Be- und Überlastung sowie ein zu schwaches Muskelkorsett. Es kann aber auch ein Bandscheibenverschleiß oder Bandscheibenvorfall vorliegen.“
Da sich die Wirbelgelenke nach und nach abnutzen, kann auch der Knorpel Schaden nehmen. Dadurch verliert das gesamte Aufrichtesystem an Stabilität. „Der Körper versucht das auszugleichen, baut Knochenmasse an den Gelenkrändern auf, um eine zusätzliche Stabilität zu erreichen.“, sagt der Wirbelsäulenexperte. „Als Folge entzünden sich die Gelenkkapseln. Sie schwellen an und genau das verursacht dann Schmerzen.“ Meist ist der untere Bereich der Wirbelsäule betroffen, weil dort die Belastung am größten ist. Manchmal tritt das Leiden aber auch an der Halswirbelsäule auf. Unbehandelt drohen nicht nur ebenfalls schmerzende Muskelverspannungen, sondern auch eine Spinalkanalstenose.
Ein erfahrener Arzt kann die druckempfindlichen Bereiche entlang der Wirbelsäule schnell ertasten. Der Einsatz moderner bildgebender Verfahren ist aber ebenfalls nötig, um zu sehen, wie weit eine eventuelle Arthrose schon fortgeschritten ist. „In der Frühphase der Erkrankung kann es ausreichen entzündungshemmende und muskelentspannende Medikamente zu verabreichen. „Auch so genannte Infiltrationen mit einem kortisonhaltigen Lokalanästhetikum können helfen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Sollte das ausreichen die Beschwerden zu bekämpfen, ist es ganz wichtig, dass Patienten regelmäßig die Muskulatur trainieren. Nur ein ausreichend stabiles Muskelkorsett kann verhindern, dass es zu einem erneuten Facettensyndrom kommt.“
Bei einen schon weiter fortgeschrittenen Facettensyndrom ist ein minimal-invasiver Eingriff nötig. „Bei der so genannten Thermokoagulation führen wir eine Thermosonde bis hin zur Schmerzfaser“, sagt Dr. Schneiderhan. „Dort angelangt geben wir zunächst ein Betäubungsmittel. Dann erhitzen wir die Sondenspitze auf bis zu 80 Grad und veröden die Schmerzfaser, die das Wirbelgelenk versorgt. So ist es möglich, die Schmerzleitung zu unterbrechen.“ Bereits vorliegende Verknöcherungen können mit feinen Mikroinstrumenten abgetragen werden. Der Schmerz verschwindet, die Beweglichkeit bleibt erhalten und der Patient kann bereits einen Tag nach dem Eingriff seiner gewohnten Tätigkeit wieder nachgehen.