So können Ärzte heute helfen
Es sind erschreckende Zahlen: Nach Expertenschätzungen leiden mindestens sechs Millionen Menschen in Deutschland unter Osteoporose. Und 2,5 Millionen von ihn haben mit meist sehr schmerzhaften Wirbeleinbrüchen zu kämpfen. Im neuesten AGR-Blogbeitrag stellt der Rückenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan zwei minimal-invasive Eingriffe vor, mit denen sich der Schaden erfolgreich beheben lässt.
Schon ein Ausrutscher auf der Treppe oder das Tragen einer schweren Tasche kann ausreichen, um einen Knochen brechen zu lassen. Nicht bei gesunden Menschen, wohl aber bei denen, die unter Osteoporose leiden. Früher eine reine Alterskrankheit, trifft es aufgrund des grassierenden Bewegungsmangels mittlerweile auch viele junge Menschen. „Die häufigste Komplikation bei Osteoporose ist ein Wirbelkörpereinbruch“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Bei jungen Menschen diagnostizieren wir dieses Krankheitsbild eher aufgrund eines traumatischen Ereignisses, etwa weil jemand vom Pferd oder vom Skateboard gefallen ist. Aber auch Tumoren und Metastasen in diesem Bereich können einen Wirbel brechen lassen.“
Es bedarf nicht viel Vorstellungskraft um zu erahnen, wie schmerzhaft so ein Bruch ist. Außerdem kann es zu Missempfindungen und Lähmungserscheinungen kommen. Schnelle ärztliche Hilfe ist gefragt und glücklicherweise ist diese heute auch erhältlich. „Uns stehen mit der Vertebroplastie und der Kyphoplastie gleich zwei minimal-invasive Verfahren zur Verfügung, mit denen wir den Patienten sehr gut helfen können“, sagt der Taufkirchener Wirbelsäulenexperte. „Je nach Diagnose durch bildgebende Verfahren, vor allem mit Hilfe einer Computertomografie, entscheiden wir, welche Methode wir einsetzen. In beiden Verfahren kommt Spezialzement zur Stabilisation zur Anwendung.“
Die Vertebroplastie ist in erster Linie eine Methode zur Schmerzbehandlung. Zunächst verabreicht der Chirurg ein Kontrastmittel, um so zu sehen, wohin sich der Zement ausbreiten könnte. Erst wenn sichergestellt ist, dass kein Zement in den Wirbelkanal fließen kann, wo er auf Nerven oder Rückenmark drücken kann, beginnt der eigentliche Eingriff. „Wir spritzen wir unter Röntgenkontrolle und örtlicher Betäubung flüssigen Knochenzement in den eingebrochenen Wirbel“, erklärt Dr. Schneiderhan. „Der Zement härtet dann sehr schnell aus und ist in der Lage, den betroffene Wirbelsäulenabschnitt zu stabilisieren. Das führt sofort zu Schmerzfreiheit oder zumindest zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden.“
Die Kyphoplastie kommt dann zum Einsatz, wenn der Wirbelkörper nach dem Bruch eine deutliche Keilform aufweist. Allerdings muss die Hinterkante des Wirbelkörpers noch stabil sein. Denn sonst kann es passieren, dass sich die Knochenfragmente der hinteren Kante in Richtung Rückenmark verschieben. Außerdem besteht dann die Gefahr, dass sich Knochenzement nach hinten ausdrückt. „Bei der Kyphoplastie kommt ein so genanntes Ballonkathersystem zum Einsatz“, so der Schmerzspezialist. „Diesen bringen wir in Position, schaffen eine Höhle und lassen den bioverträglichen Zement mit niedrigem Druck einfließen.“
Weiterer Vorteil: Der Eingriff dauert nur 30 Minuten und ist gerade für die vielen betroffenen älteren Patienten ein großer Fortschritt. Denn so können sie eine sehr viel aufwendigere und vor allem auch körperlich belastendere Versteifungs-OP unter Vollnarkose umgehen. Laut einer Studie führt die Kyphoplastie bei 30 Prozent der Patienten zu völliger Schmerzfreiheit und bei weiteren 60 Prozent zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden. Außerdem sinkt die Gefahr weiterer Wirbelbrüche. Gerade bei älteren Patienten. Bei beiden Verfahren dürfen die Patienten nach ein bis zwei Tagen die Klinik wieder verlassen. Wichtig ist es dann, sich um seinen Körper zu kümmern. Vor allem ein Muskelaufbautraining kann weitere Komplikationen vermeiden.