Was tun, wenn das Kind unter Rückenschmerzen leidet?
Die Zahl der Kinder, die es im Kreuz haben, nimmt erschreckende Ausnahme an. Laut einer Langzeitstudie des Robert Koch Instituts hat bereits fast die Hälfte aller 11 bis 17-jährigen hierzulande regelmäßig Rückenschmerzen. Eltern sollten das unbedingt Ernst nehmen und die Ursache vom Arzt abklären lassen. Die Hauptursache ist zwar Bewegungsmangel, es können aber auch organische Erkrankungen wie Morbus Scheuermann oder eine Skoliose vorliegen. Wirbelsäulenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen über die besten Strategien.
„Mama, mein Rücken tut so weh. Eltern hören diese Aussage von ihrem Nachwuchs viel häufiger als noch vor zehn oder 20 Jahren. Die Hauptursache für diese dramatische Entwicklung ist der immer weiter zunehmende Bewegungsmangel. Das gilt insbesondere für deutsche Kinder. In einer vor kurzem veröffentlichten weltweiten Vergleichsstudie mit 50 teilnehmenden Staaten liegt der deutsche Nachwuchs weit hinten. „Aufgrund der fehlenden Bewegungsreize sind die Muskeln dann oft sehr schwach“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan. „Das führt zu einer Haltungsschwäche, die Fehlstellungen der Wirbelsäule begünstigt.“
Das mit Abstand häufigste Rückenproblem ist die Scheuermann-Krankheit. Schätzungen zufolge leidet bereits jedes dritte Kind unter 18 darunter. Jungen deutlich häufiger als Mädchen. „Die Krankheit beginnt meist zwischen dem achten und 14. Lebensjahr“, sagt der München-Taufkirchener Rückenexperte. „Sie äußert sich durch eine Verformung der Wirbelkörper, die zu einem Buckel führen kann.“ Früher wurden Betroffene in Korsette gezwängt und zur Schonung angehalten. Heute kommen Korsette nur noch in Einzelfällen zur Anwendung. Vielmehr raten Ärzte zu körperlicher Aktivität. „Nach der Diagnose Morbus Scheuermann sollten Patienten aber zunächst zur Physiotherapie, um die geschwächte Rumpfmuskulatur aufzubauen und zu stärken“, sagt Dr. Schneiderhan. „Anschließend ist es dann ganz wichtig, am Ball zu bleiben und regelmäßig Sport zu treiben.“
Ideal sind Sportarten mit fließenden Bewegungen des Oberkörpers, wie Schwimmen oder auch Aqua-Fitness. Aber auch Muskeltraining mit leichten Hanteln oder Fitnessbändern ist sehr gut. Die aktiven Maßnahmen können auch dabei helfen, einen operativen Eingriff zu vermeiden. Dieser ist glücklicherweise nur in seltenen Fällen nötig. „Nur bei sehr schweren Veränderungen der Wirbelsäule oder stark verschlissenen Bandscheiben, ist eine OP nötig. Das ist aber sehr selten der Fall.“, sagt Dr. Schneiderhan.
Eine glücklicherweise etwas selteneres Krankheitsbild beim Nachwuchs ist die Skoliose. Etwa jedes 200. Kind leidet darunter. Mädchen sind viermal so häufig betroffen, wie Jungen. Bei dieser Krankheit ist die Wirbelsäule dreidimensional verbogen und verdreht. Das Leiden beginnt mit der Pubertät, ist höchstwahrscheinlich genetisch bedingt und kann immer weiter voranschreiten. Glücklicherweise hat die Skoliosebehandlung in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. „Optimal helfen können wir dann, wenn die Krankheit frühzeitig diagnostiziert wird“, sagt der Rückenfachmann. „In den meisten Fällen reichen konservative Maßnahmen wir eine gezielte Krankengymnastik. Je nach Einzelfall kann auch ein Korsett helfen.“ Aber auch in fortgeschrittenem Stadium sind Ärzte heute nicht mehr machtlos.
Bei einer ausgeprägten Skoliose und bei Gefahr einer zunehmenden Verschlechterung durch den Wachstumsschub in der Pubertät ist eine Korrektur eine wichtige Behandlungsoption. „Wie bezeichnen diese Eingriff als Spondylodese“, sagt Dr. Schneiderhan. „Noch viel wichtiger ist aber eine intensive und auf das Krankheitsbild abgestimmte Krankengymnastik nach Lehnert Schroth, wie sie beispielsweise in Bad Sobernheim angeboten wird. Dafür ich dann allerdings ein stationärer Aufenthalt nötig. Alternativ kann ich auch die moderne Spiraldynamik empfehlen.“